Bei der Anschaffung einer neuen,
günstigen Lefthand-Konzertgitarre über einen Versandhandel habe ich
eine ganz interessante Erfahrung gemacht:
Zunächst präsentierte sich meine neue
Gitarre beim Auspacken wunderschön, war zudem gut verarbeitet und
hatte einen tollen Klang (eine Hermosa AH-100L, ca. 170 Euro)! Das
war ja ganz wunderbar, also wollte ich darauf spielen. Doch beim
Spielen ergaben sich Probleme:
1. Die Konzertgitarre hatte eine viel
zu hohe Saitenlage (7 mm unter 6. E-Saite bzw. 5 mm unter 1. E-Saite
im 12. Bund). Sie war damit praktisch unbespielbar.
2. Die Bund- und Oktavreinheit war schlecht. Die
Konzertgitarre hat durch die Ausrichtung des Stegs eine falsche
Kompensation der Saitenlänge, ein Rechtshändersteg war verbaut
worden. Nicht die tiefer klingenden Saiten sind länger, sondern die
höher klingenden Saiten. Damit wirkt der Steg nicht ausgleichend auf
die unterschiedliche Dicke und Spannung der Saiten, sondern verstärkt
die Ungleichheiten. Manchmal ist bei Konzertgitarren der Steg gerade,
also symmetrisch, gebaut, so dass alle Saiten in ihrer Länge
zumindest durch den Steg nicht verändert werden, so dass man sie
eventuell sowohl als Links- wie auch als Rechtshändergitarre
verwenden könnte. Ich denke, bei der Marke Ortega ist das eventuell
der Fall. Nicht so bei dieser Gitarre, bei der der Steg ordentlich
schräg steht, und zwar in die falsche Richtung.
3. Die Markierungen der Bünde sind an
der falschen Seite des Halses, sprich: Rechtshänder können sie
sehen, Linkshänder müssten den Hals von unten angucken.
Also:
Was die hohe Saitenlage angeht, so mag
man glauben, hilft das Herunterfeilen der Stegeinlage, um die
schlechte Bespielbarkeit zu verbessern und eine bessere Saitenlage zu
erreichen. Allerdings verschlechterte sich durch das Herunterfeilen
die Oktavreinheit zusätzlich, so dass man besser davon absieht,
diese Gitarre jemals in höheren Bünden spielen zu wollen.
Irgendwann war mir klar, dass das ein
Fake ist: Es handelt sich hier um eine unechte Linkshändergitarre.
Der Steg ist falsch ausgerichtet, und eventuell ist daher auch die
Stegeinlage so hoch gebaut, damit über die hohe Saitenlage und das
relativ steile Gefälle der Stegeinlage vom Auflagepunkt der tiefsten
bis zu dem der höchsten Saite die falsche Kompensation im
Horizontalen dann in der Vertikale ausgeglichen wird.
Die Lösung war für mich, diese
optisch und klanglich schöne, gut verarbeitete Gitarre schweren
Herzens zurückzugeben.
Die Vorfreude auf eine neue, andere
Gitarre, bei der dann alles stimmen würde, wurde allerdings rasch
getrübt, denn anscheinend werden viele unechte
Linkshänder-Konzertgitarren dieser Art in dieser Preislage verkauft:
Als ich in drei größeren, renomierten Fachgeschäften anrief, um
mich wegen einer Linkshänder-Konzertgitarre zu erkundigen, bei der
auch der Steg im Verhältnis zur Rechtshänderversion gespiegelt ist,
erzählte man mir in allen drei Geschäften, es gäbe solche
Konzertgitarren im unteren Preissegment einfach nicht, so etwas würde
nicht gebaut 8| .
Vielmehr würde man mir in dem Geschäft eine
Rechtshändergitarre, bei der der Steg möglichst annähernd gerade
ausgerichtet wäre, linkshändig umspannen, und dann ein bisschen an
der Stegeinlage und am Sattel korrigieren. Das wäre das gängige
Verfahren, wenn Linkshänder eine Konzertgitarre haben möchten.
Im vierten Geschäft, in dem ich mich
dann gern mal vor Ort informieren wollte, und in dem ich eine
günstige Linkshänder-Konzertgitarre reserviert hatte (La Mancha Rubí
CM Lefthand), machte ich mir daraufhin keine Hoffnung mehr, dass es
bei der reservierten Gitarre anders aussehen könnte. Doch dann kam
die unglaubliche Überraschung: Es geht doch!
Bei dieser Gitarre ist der Steg
tatsächlich gespiegelt. Die Saitenlage ist genau so hoch bzw.
niedrig wie bei der Rechtshänderversion (4,2mm unter der tiefen
E-Saite im 12. Bund, und 3,5mm unter der hohen E-Saite). Sie ist fast
makellos oktav- und bundrein, und sie hat die Markierungen der Bünde
auf der richtigen Seite des Halses. Zudem ist auf dem Etikett, das
man durch's Schallloch sehen kann, die Bezeichnung „Left Hand“
eingetragen, und das war nicht der Verkäufer :-).
Warum nicht gleich so? Warum werden
Linkshänder bei günstigen Konzertgitarren verarscht, oder mit fast
schon lächerlicher Unkenntnis von Verkäufern konfrontiert?
Nun spiele ich die La Mancha schon ein
paar Wochen und mag sie sehr gern. Irgendwann schreib ich vielleicht
mal ein Review über sie.
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