Ich möchte hier keine negativ Publicity betreiben sondern nur von unseren Erfahrungen berichten.
Review SPH Bandcontest – wies wirklich abläuft
Wir sind Level Up 2 Hero, eine Band, die es in der Saison 2014 bis ins Endfinale des SPH Bandcontests geschafft hat. Im Folgenden möchten wir unsere Erfahrungen im letzten Jahr schildern, um neben der ganzen Eigenwerbung und -information im Internet zu einem objektiveren Bild zu verhelfen. Alle Musiker sollten im Vorhinein wissen auf was genau sie sich einlassen und was sie erwartet:
Allgemeines
Der Wettbewerb besteht aus 5 Runden, 50 Euro Teilnahmegebühr, Bewertungssystem 50:50 Jury- und Publikumsvotum (Stimmzettel, Erststimme gibt 2 Punkte, Zweitstimme 1, nur Einmalnennung). Veranstalter sind eine Gruppe von Studenten oder Musiker (zwischen 20-30 Jahren).
- Das versprochene Förderpaket bei alleiniger Teilnahme besteht aus weitgehend unnötigen Rabattgutscheinen (auf Lyric-Video, Partner-Studios, Online-Vertrieb, Sortiment von Superslick, Internetrecherche für CD-Pressung, Druckdatencheck). Abhängig davon wie viel man bereit ist für ein Studio zu zahlen kommt man damit sicherlich auf den hochgelobten Gesamtwert von 500 Euro.
- Qualifikation der „Fachjury“ (aus persönlichem Gespräch mit einem der Jurymitglieder): „Man muss kein Instrument spielen, wenn man denkt man hat ein bisschen Ahnung von Musik ist das schon ok“. Besteht zu einem großen Teil aus ehemaligen Teilnehmern. Beim Finale waren aber wirklich einige Leute aus dem Musikbusiness sowie Vertreter von z.b. Engl, In-Ear Systemen etc. in der Jury vertreten.
- „Garantiert in eurer Nähe“: nur wenn man eine einstündige Fahrt nach Mainz immer noch zur näheren Umgebung zählt, aber das kann man ja im Voraus checken.
- „Nur in den besten locations“: Sowohl „Elfer“ in Frankfurt als auch „Qkaff“ in Mainz zählen nicht ansatzweise als gute Konzert locations. Da gibts mit dem Caveau, M8, Schon Schön etc. schon deutlich bessere.
- Vernetzung: Ja man lernt schon nette Leute und coole Bands kennen.
- Bewertungssystem: Man braucht viele Zweitstimmen um Erststimmen auszugleichen, deshalb sehr davon abhängig wie viele Leute man ziehen kann. Aber prinzipiell ist das 50/50 Verhältnis schon gut
- Preisvergabe
Runde 1: nichts
Runde 2: 10 zusätzliche Freikarten weil wir 50 Leute mitgebracht hatten. Das wurde uns aber erst vor Ort gesagt und konnte dementsprechend nicht eingeplant werden
Runde 3: 2 Pics, 1 Satz Gitarrensaiten, Werbegurt (Wert <10 Euro) Runde 4, PREFINAL: nichts
Runde 5: 100 custom Pics, 12 Saiten + ein Konzertslot.
Fazit: trotz Finalteilnahme nicht mal Spritkosten gedeckt.
- Sonstiges: 25 Minuten Spielzeit sind gut, 15 Minuten Umbauzeit je nach dem wie sehr die Band vorher mit dem Abbau trödelt mehr als knapp. Wird penibel getimed, Sound demgemäß meistens nicht so geil.
Persönliche Eindrücke und Erfahrung
Erstmal 50 Euro für einen Gig zu zahlen ist nicht unerheblich. Außerdem sind in den ersten 2 Runden extrem wenig Leute.
1. Runde: wenig los, chaotische Organisation, sehr nette Jury, extrem hilfreiches Feedback. Wir waren froh, dass wir mitmachen durften, hatten einen guten Abend und viel mitgenommen. Die versprochenen Freigetränke hat man nicht wirklich: Im „backstage Raum“ (bisschen freigeräumter Bereich direkt neben der Bühne) gibts Wasser. Wenn das leer ist und man nach seinem Gig gerne noch einen Schluck trinken will bekommt man auch nach heftigem Diskutieren nicht mal eine Flasche gratis für den ganzen Aufwand, den man betrieben hat. Jury sitzt neben der Bühne, hört aber schaut nicht wirklich zu. Sehen ein über Kopf Gitarrensolo nicht.
2. Runde: wirklich was geändert hat sich nicht, etwas voller. 10 Freikarten, von denen wir nichts wussten, Feedback wieder relativ hilfreich, wurden soweit fair behandelt und hatten damit zumindest 2 gute Konzerte und Kritik, mit der wir arbeiten konnten. Organisation teils etwas chaotisch, Zeitplan wird nie eingehalten. Vor dem Hintergrund, dass das alles von Studenten organisiert wird aber schon ok. Jury sitzt neben der Bühne, hört aber schaut nicht wirklich zu. Sehen ein über Kopf Gitarrensolo nicht.
3. Runde: bis hierhin hat sich bei uns anderweitig viel getan (professionelles Coaching etc., ganz andere Klasse). Die anderen Bands sind gut aber sehr viele Timing Fehler, nicht tight, wenig Performance und Ideen. Das war bei uns zumindest nicht schlechter, was die Wertung aber nicht widerspiegelt. Persönlicher Geschmack lässt sich beim Bewerten von Musik nicht abschalten auch wenn die Jury in den Kategorien Songwriting/Arrangement, Musikalisches Können/Zusammenspiel, Show/Performance bewertet. Aber gut wir sind ersten und wollen uns mal nicht beschweren, haben Kritik bekommen, die uns wieder etwas hilft und mit der wir arbeiten können. Preise wie vorher gesagt: Gurt, Pics, Saiten... witzig. Das Review im Internet lobt den zweiten Platz unendlich in den Himmel, beim Schreiben über uns gehen die Ideen aus.
4. Runde: maßlos überbucht, 480 Leute für eine für 250 Personen ausgelegte Location und das obwohl wir persönlich 3 Wochen vorher davor gewarnt und alle Bands vorher durchgesagt hatten wie viele Leute kommen werden. Über die Abendkasse kommen auch noch Leute rein. Absolutes no go, was bei allen Bands schon bei der Ankunft die Stimmung drückt. Kritik von derselben Jury. Negatives quasi nicht vorhanden: ein bisschen mehr Performance geht noch und Tightness kann man noch minimal verbessern. Review im Internet: Ups. Wieder ziemlich abgeschlagen und das obwohl wir einen nahezu fehlerfreien Auftritt hingelegt haben. Über unsere Musik werden wieder nicht viele Worte verloren, stattdessen gibts nen witzigen Spruch. Na gut wir sind erster was soll man sich groß beschweren. Die großen Preise: diesmal gar nichts aber im Finale haben wir es verdient „mit Preisen überschüttet zu werden“ (Zitat Email)
5. Runde, großes Finale: Wir haben für die Show einen eigenen Ton- und Lichtmann gebucht und damit sich der Tonmann mit dem Mischpult vertraut machen und uns einstellen kann den Veranstalter um einen Soundcheck gebeten, der uns von 15:20-15:35 bestätigt worden war. Vor Ort wurde uns dieser aber wieder abgesagt weil der Zeitplan wohl hinterher hing. Mal ganz abgesehen davon, dass unsere Duettsängerin extra Unkosten auf sich genommen hat um rechtzeitig aus Paris da zu sein wurden wir also auf die 15min für Umbau und kurzen Line-check vertröstet. Mitten in unserer Umbauzeit sitzt auf einmal ein Singer-Songwriter als "Überbrückung" vorne auf der Bühne, sodass wir nicht vernünftig aufbauen können und der Line-check hinterher wird notgedrungen total gehetzt und mangelhaft durchgezogen. Dementsprechend stimmt der Sound vorne und hinten nicht, wir hören uns selbst auf der Bühne nicht geschweige denn einander. Beim ersten Song wird unserem Tonmann ständig ins Mischpult gegriffen bis sich dieser mit einer klaren Ansage Raum verschafft.
Jede Band hat 25min Spielzeit. Nach 20min und 30sec meint auf einmal einer der Veranstalter von der Seite unsere Zeit sei um, was zu einem Abbruch unserer Show und zur kurzen Diskussion am Rand der Bühne führt. Es heißt dann nur spielt euren Song halt zu Ende, was wir total aus dem Konzept gebracht auch tun. Unser Videomaterial beweist, dass die Veranstalter falsch auf die Uhr geschaut bzw irgendeine Überziehung der Band davor oder des Singer-Songwriters uns angelastet haben. Als wir hinterher das Gespräch suchen stoßen wir nur auf Unverständnis und werden mit den Worten "wenn ihr jetzt rumkacken wollt.." abgefertigt. Zu guter letzt erfahren wir noch, dass man versucht hat bei unserem Tonmann die Pegler runterzudrehen und er sich dafür stark machen musste, dass das unterlassen wurde.
Den Umständen entsprechend war die Tendenz der Finalbewertung angemessen. Weitere Ungereimtheiten bei der Platzierung sind nur Spekulation und werden hier deshalb nicht weiter ausgeführt. Es gab einen sehr kleinen backstage Raum neben der Bühne für 10 Bands plus Equipment. Wenn man nicht unter die Top 5 kommt sind die Preise ziemlich unbrauchbar bzw. von zu geringem Wert. Von den 10 Jurymitgliedern war selten über die Hälfte anwesend, auch beim Feedback konnten viele nicht viel beisteuern weil sie den Auftritt nicht ganz mitbekommen haben. Positiv war, dass externe Techniker überhaupt toleriert wurden und sogar einen backstage Pass bekommen haben. Das selbstgemachte Essen im VIP-Raum war super! Die Siegerehrung wurde ungeachtet dessen, dass hunderte Fans bereits am frühen Mittag quer durch Deutschland im Bus angereist sind und die Rückreise noch vor sich hatten künstlich auf über 30min nach 1 Uhr nachts ausgeweitet, nur weil der Moderator sich gerne reden hört.
Zusammenfassung und Fazit:
Im Laufe der Konzerte haben die Veranstalter an die 3000 Euro Ticketgeld durch unsere Leute eingenommen. Wir standen im Deutschlandfinale und haben nicht einmal das Spritgeld wieder reinbekommen, dh preislich lohnt sich die Teilnahme am Contest definitiv nicht, es sei denn man gehört zu den unter 1%.
Die meisten Konzerte waren sehr cool - aber auch nur weil die Bands sie zu dem machen was sie sind: volle Schuppen unter dem Druck Leute zu ziehen.
Man lernt und wächst als Band an den Konzerten - aber auch nur wenn man hart an sich arbeitet und sich der Kritik anderer annimmt. Genau so gut könnte man auf normalen Konzerten nach der ehrlichen Meinung von Freunden fragen, die bisschen nen Plan haben (wenn man ohne Druck die Motivation dazu hat).
Die Jurywertung ist extrem subjektiv. Es interessiert kein bisschen ob man sich auf der Bühne Bewegungsabläufe überlegt, geschweige denn wird berücksichtigt, dass die Spielschwierigkeit bei einer Show mit viel Bewegung zunimmt oder eben ein Sänger mit zusätzlichem Instrument mehr leisten muss als einer ohne. Es lohnt sich also nicht Kraft in eine aufwendige Bühnenshow zu stecken, lieber an Tightness und Zusammenspiel arbeiten.
Der SPH Bandcontest preist sich im Internet als eine hochprofessionelle Veranstaltung mit unglaublichem finanziellen und ideellen Wert für die teilnehmenden Bands an, auf hauseigenen Interviews beim Finale soll man zwischen den vorgegebenen Antwortmöglichkeiten wählen. Ob er diesen Status in der Realität nach unserem persönlichen Erleben und den Gesprächen mit anderen Bands halten kann scheint mehr als fraglich.
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