Lauschende IT: Die perfekte Verbindung zwischen Gitarre und Computer

Der Saitenhalter ist mit einem sensorischen Dünnschichtsystem ausgestattet.
Es wandelt den Zug auf die Saite in digitale Steuersignale um. (Bild: Fraunhofer IST)


Gitarrenvirtuosen beherrschen allerlei Spieltechniken. Doch wie kann man das komplexe Spiel digital aufzeichnen? Eine spezielle Dünnschicht auf dem Saitenhalter macht das möglich: Sie funktioniert als Sensor und wandelt den Zug auf die Saite in digitale Steuersignale um.

Rasch, aber doch gefühlvoll bewegen sich die Finger des Spielers über die Saiten am Gitarrenhals. Seine Fingerkuppen gehen dabei auf und ab – ein Vibrato ertönt. Von der Gitarre aus führt ein Kabel zum Laptop, minutiös zeichnet der Rechner das virtuose Spiel des Gitarristen auf. Jedes Vibrato, jedes Bending registriert er genau und nahezu ohne Verzögerung. Am Ende kann der Gitarrist die digitale Fassung seines Spiels abspielen und auf dem Rechner beliebig bearbeiten.
Ton digitalisiert

In der Gitarre steckt ein Stückchen Fraunhofer-Technologie: Ingenieure vom Institut für Schicht- und Oberflächentechnik IST in Niedersachsen haben eine Sensortechnologie entwickelt, die komplexe Spieltechniken einer Gitarre in digitale Steuersignale übersetzt. „Damit lassen sich die mit den Fingern erzeugten Spielarten wie Vibrato und Bending genau erfassen“, sagt Saskia Biehl, Leiterin der Gruppe Mikro- und Sensortechnologie. Der Clou ist eine Schicht namens DiaForce: Mit ihr ist der Saitenhalter beschichtet, jenes Bauteil, an dem die Gitarrensaiten im Korpus verankert sind.

DiaForce basiert auf amorphem Kohlenstoff und ist piezoresistiv. Das heißt: „Ändert der Spieler den Saitenzug, so verändert das den Druck auf die Schicht“, erklärt Biehl. „Dies wiederum führt zu einer Widerstandsänderung, die über Elektroden auf der Schicht gemessen wird.“ Um die Saitenzugkräfte und damit die verschiedenen Spieltechniken genau und möglichst verzögerungsfrei erfassen zu können, haben Biehl und ihre Gruppe verschiedene Beschichtungsparameter und Kontaktmaterialien getestet. Gute Resultate erzielten sie mit einem Saitenhalter, dessen DiaForce-Beschichtung zehn Mikrometer misst. Sie soll auch die Stärke der Saitenschwingung messen. Auf diese Weise ließe sich zusätzlich die Anschlagstärke und das Abklingverhalten digital abbilden – ganz gleich, ob der Spieler die Finger oder ein Plektrum zum Zupfen benutzt.
Sensoren für Streichinstrumente

Entwicklungspartner für diese Fraunhofer-Technologie ist die M3i Technologies GmbH aus Jülich. Die Firma hat bereits eine auf Laser basierte Sensorik entwickelt, um die Tonhöhe von Akkorden und Einzeltönen zu erfassen. Eine Software wandelt diese Daten in digitale Steuersignale um. DiaForce ergänzt diese Entwicklung und macht sie zur perfekten Sensorik für das Gitarrenspiel. Als nächstes wollen die Fraunhofer-Forscher geeignete Verfahren entwickeln, um die Beschichtung als Zugsensorik für Gitarren kostengünstig in Masse produzieren zu können. „Außerdem können wir das Einsatzspektrum auf andere Musikinstrumente erweitern“, sagt Biehl. „Schließlich wird an vielen Zupf- und Streichinstrumenten an den verschiedensten Stellen Kraft aufgewendet – die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig.“

Künftig könnten beschichtete Saitenhalter auch die Tonabnehmer bei elektrischen Gitarren ersetzen. Diese Pickups wandeln die Saitenschwingung in ein elektrisches Signal um und machen den größten Teil des Klangs bei der E-Gitarre aus. „Dafür muss die DiaForce-Schicht besonders empfindlich sein“, sagt Biehl. „Daran arbeiten wir gerade.“

Quelle: innovatives.niedersachsen.de/DE/Nachrichten